Nachhaltige Vernetzung im medizinischen Kinderschutz

Städteübergreifender Austausch zwischen Jugendämtern, Kinder- und Jugendkliniken und -arztpraxen

24. August 2022

Seit September 2019 läuft das Innovationsfondsprojekt MeKidS.best – Medizinischer Kinderschutz im Ruhrgebiet. Seitdem beschäftigt sich das Konsortium aus 21 Partnern unter der Federführung von MedEcon Ruhr mit der Etablierung einer neuen Versorgungsform für den medizinischen Kinderschutz. In der bestehenden Regelversorgung werden die Potenziale des Gesundheitswesens für den Kinderschutz noch nicht ausreichend ausgeschöpft. Denn dort, wo medizinischer Kinderschutz bisher gelebt wird, baut er auf einrichtungsspezifischem und persönlichem Engagement auf, kaum aber auf Regelwerken und strukturierten Prozessen, auf die flächendeckend verlässlich zurückgegriffen werden kann.

Das Projekt MeKidS.best möchte das durch die Entwicklung, Erprobung und Evaluierung einer neuen Versorgungsform ändern. Ziel ist es, dass der medizinische Kinderschutz erstmalig standardisiert, sektorenübergreifend und in lokalen sowie in regionalen Netzwerken etabliert wird. Aktuell wird das Vorhaben an verschiedenen Standorten im Ruhrgebiet erprobt, aber mittelfristig sollen daraus bundesweite Maßstäbe gesetzt werden, um Kinderschutz nachhaltig im Gesundheitswesen zu verankern.

Neben dem Aufbau von standardisierten Strukturen innerhalb der gesundheitsversorgenden Einrichtungen (9 Kinder- und Jugendkliniken und 15 Kinder- und Jugendarztpraxen) setzt das Projekt ebenfalls auf die Stärkung der lokalen systemübergreifenden Zusammenarbeit. Denn Kinderschutz liegt in der Verantwortung unterschiedlicher Akteure. Um den Schutz von Kindern und Jugendlichen gewährleisten zu können, ist die Zusammenarbeit an der Schnittstelle der verschiedenen Systeme notwendig.

Bereits zum zweiten Mal in Präsenz hat am 24. August 2022 im Rahmen des Projekts ein Netzwerktreffen zur Stärkung der lokalen Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Medizin unter Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKIM), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Landesjugendämter Westfalen (LWL) und Rheinland (LVR) stattgefunden. Insgesamt waren an dem Treffen 50 Vertreter:innen aus den Kliniken und Praxen sowie Konsortialkrankenkassen, insbesondere auch aus dreizehn Jugendämtern des Ruhrgebietes anwesend.  Im Mittelpunkt stand dieses Mal das Landeskinderschutzgesetz NRW und die Auswirkungen für die Netzwerkarbeit, wozu Frauke Schwier (DGKiM) und Dr. Monika Weber (LWL-Landesjugendamt) einen Input über die Chancen für die nachhaltige Vernetzung im Kinderschutz gehalten haben.

Insbesondere der Teilaspekt „Flächendeckende Strukturbildung zur systemübergreifenden Kooperation“ nimmt Einfluss auf die Zusammenarbeit, in dem durch das Gesetz nun nicht mehr nur finanzielle Mittel für die Netzwerke der Frühen Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich werden in allen Jugendamtsbezirken in NRW interdisziplinäre Netzwerke zum Kinderschutz aufgebaut und mit einer Netzwerkkoordinierung ausgestattet. Nordrhein-Westfalen weist somit seit April 2022 das bundesweit stärkste Kinderschutzgesetz vor und nimmt damit eine Vorreiterrolle im Kinderschutz ein.

In den städteübergreifenden Arbeitsgruppen wurde der Frage nachgegangen, wie das Gesetz unter Berücksichtigung der systemübergreifenden Perspektiven praktisch im Alltag umgesetzt werden kann und wie die bereits etablierten Netzwerkstrukturen auch nach der Projektlaufzeit nachhaltig weitergelebt werden können. Neben konkreten lokalen Vereinbarungen hat der interprofessionelle Austausch zu einem Perspektivwechsel geführt und das Verständnis für die Arbeitsweise des anderen Systems erhöht.

Die Diskussionen verdeutlichten, dass die Gesetzesänderungen für die Netzwerkarbeit im Kinderschutz zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, aber die größten Fallstricke „Fluktuation“ und „Personalmangel“ damit nicht behoben sind. Auch wenn das Landeskinderschutzgesetz positive Effekte für weitere Systeme mit sich bringt, richtet es sich explizit nur an die Jugendhilfe. Die Teilnehmenden forderten daher die Notwendigkeit, Netzwerkarbeit auch im Gesundheitswesen gesetzlich verpflichtend festzuhalten. Das kann allerdings nur gelingen, wenn die Verpflichtung mit zusätzlichen Ressourcen einhergeht.

August 2023 endet das MeKidS.best Projekt. Durch die aktuell laufende Evaluation innerhalb der gesundheitsversorgenden Einrichtungen soll aufgezeigt werden, welcher Aufwand hinter der Kinderschutzarbeit steht, um daraus nachhaltige Finanzierungskonzepte abzuleiten, die auch die Netzwerkarbeit berücksichtigen.

Am 09. Dezember 2022 findet das nächste MeKidS.Netzwerktreffen zwischen den Akteuren aus Gesundheitswesen und Jugendhilfe zur Stärkung der lokalen Zusammenarbeit statt. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf unserer Homepage www.mekids-best.de

Hier finden Sie das Programm.